Wir hatten heute viel vor uns, also bemühten wir uns früh loszukommen. Bereits vor 8 waren wir auf den Rädern und fuhren Richtung Prato dello Stelvio. Dort haben wir uns eingedeckt mit allem, was wir für einen langen Aufstieg brauchen.

Um kurz nach 12 ging es los: 24.5km bergauf auf den Stelvio. Hoffnungslos übermotiviert fuhr ich los, ich konnte es kaum erwarten die berühmten Serpentinen zu erblicken. Wie weit die noch entfernt waren, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Die erste Stunde ging es irgendwelche Täler entlang, wo nicht eine einzige Serpentine dabei war. Nach zwei Stunden kamen die ersten beiden Kehren, die waren jedoch klein und unspektakulär. Nach Trafoi waren plötzlich zwei imposante Gletscher zu bewundern. Mit der Kirche davor waren sie jetzt noch ein tolles Foto Motiv, bevor sie zu unserem dauerhaften Begleiter über den restlichen Anstieg wurden. Mal zwei Kehren, dann ein süßer Ort, dann wieder ein Stück gerade, so ging es dahin für die ersten 13km. Als es durch die erste nummerierte Kehre ging, wusste ich, dass es jetzt ernst wird. Das andauernde Rauf und Runterschalten der Porsche ließ mich erahnen, dass 10 Serpentinen mir unmittelbar bevorstehen. Kraft-und Motovationstechnisch ging es mir gut, also wurde geballert! Bei 1900 Metern Höhe mit Blick auf den Signalkopf legte ich einen Stop für Fotos und Essen ein. Nach über 4 Stunden Treten, wunderte ich mich ob die 'berühmten' Serpentinen des Stelvio auf der anderen Seite vom Berg sind. Lange musste ich nicht auf die Antwort warten.

Sobald ich über die Baumgrenze kam, öffnete sich der Blick auf die restlichen 30 in die Felswand gehämmerten Serpentinen. So beeindruckend der Anblick auch war, in dem Moment wurde mir bewusst, dass es nach 1300 gefahrenen Höhenmetern erst richtig losgeht. Ganz langsam kämpfte ich mich von Kurve zu Kurve. Die tief in den Bergen hängenden Wolken sorgten für eine mystische Stimmung, während mir die kühle Bergluft um die Ohren pfiff. Mit noch 20 Kehren vor mir, wurden die Autos immer weniger. Es war nur noch ich und der Stelvio. Treten, Beißen, Verschnaufpause, Treten, Fotos machen, Traubenzucker essen und wieder Treten war mein Programm für die nächsten paar Stunden. Abwechslung brachte mal ein Murmeltier, ein Raubvogel oder ein Camper, der mir lautstark zujubelte.

Gegen 21 Uhr erwartete mich Flo oben. Mit über 2000 Höhenmetern in den Beinen (von 650 auf 2758) und gut 8 Stunden Fahrt hatte ich es geschafft.

War es anstrengend? Ja. Hat es Spaß gemacht? Absolut. Würde ich es wieder machen? Sofort.

Auf einem Camperparkplatz neben dem Stilfser Joch stellten wir unser Zelt bei eisigen Böen auf, während unsere Nachbarn uns liebevoll mit heißem Tee versorgten. Jetzt nächtigen wir erstmal, bevor morgen mit der Abfahrt das nächste Highlight auf uns wartet.


Zeltplatz: auf einem Campingpatkplatz wenige Meter unter dem Stilfser Joch. Rund 2720m hoch bei 3° Celsius.